Neugier

Daniel Ellis Berlyne

Konflikt, Erregung, Neugier

Berlynes Buch untersucht die psychologischen Mechanismen hinter menschlichem Verhalten, insbesondere wie Konflikt und Erregung Neugier und exploratives Verhalten auslösen. Berlyne stellt fest, dass Neugier eine zentrale Rolle im Lernprozess spielt, indem sie Individuen dazu anregt, ihre Umgebung zu erkunden und neue Informationen zu suchen. Er betont die Bedeutung von Konflikten als treibende Kraft hinter der Erregung, die wiederum Neugier und Exploration stimuliert. Durch verschiedene Experimente zeigt Berlyne, wie unterschiedliche Arten von Reizen – wie Neuheit, Komplexität und Unsicherheit – die Erregungsniveaus beeinflussen und dadurch das Verhalten lenken. Das Werk verbindet Konzepte aus der experimentellen Psychologie, Neurophysiologie und Philosophie, um ein umfassendes Verständnis der motivationalen Aspekte menschlicher Neugier zu bieten.

Berlyne, D. E. (1974). Konflikt, Erregung, Neugier. Klett-Cotta.

Christopher Hsee, Bowen Ruan

The Pandora Effect: The Power and Peril of Curiosity

Hsee und Ruan untersuchen in diesem Artikel die zweischneidige Natur der menschlichen Neugier. Anhand von vier Experimenten zeigen sie, dass Menschen bereit sind, auch potenziell unangenehme Konsequenzen in Kauf zu nehmen, um ihre Neugier zu befriedigen. Ein Beispiel dafür ist ein Experiment, bei dem Teilnehmer eher auf Kugelschreiber klickten, die möglicherweise einen leichten Elektroschock auslösten, als auf solche mit bekannten Ergebnissen. Weitere Experimente bestätigten, dass Menschen auch dann unsichere Optionen bevorzugen, wenn sie unangenehme Geräusche oder Bilder zur Folge haben könnten. Diese Tendenz zur Suche nach unbekannten Informationen, selbst auf Kosten negativer Erfahrungen, zeigt die starke Anziehungskraft der Neugier und deutet darauf hin, dass sie sowohl ein Segen als auch ein Fluch sein kann. Die Forscher schlagen vor, dass das Bewusstsein für diese Neigung helfen könnte, bessere Entscheidungen zu treffen

Hsee, C. K., & Ruan, B. (2016). The Pandora Effect: The Power and Peril of Curiosity. Psychological Science – Sage, 27(5).

Celeste Kidd, Benjamin Hayden

The Psychology and Neuroscience of Curiosity

Kidd und Hayden untersuchen in ihrem Artikel Neugier als einen wesentlichen Antrieb für Lernen und Entscheidungsfindung. Die Autoren betonen, dass Neugier trotz der zentralen Rolle für die menschliche Erfahrung immer noch schlecht verstanden wird, insbesondere in Bezug auf die biologischen Funktionen und neuronalen Mechanismen.

Einige Studien werden vorgestellt, die den bisherigen Stand der Forschung umreißen: Neugier wird durch eine Diskrepanz zwischen dem, was man weiß und dem, was man wissen möchte, angetrieben, was oft als „informationsbezogene Belohnung“ beschrieben wird. Studien zeigen zudem, dass Neugier die Aktivität im dopaminergen Belohnungssystem des Gehirns erhöht, ähnlich wie bei anderen Belohnungen wie Essen oder Geld. Neugier verbessert auch die Gedächtnisbildung, indem sie die Aktivität im Hippocampus verstärkt, einem Bereich, der für das Lernen und die Speicherung neuer Informationen entscheidend ist.

Kidd, C., & Hayden, B. Y. (2015). The Psychology and Neuroscience of Curiosity. Neuron – Elsevier, 88.

Hans-Georg Voss, Heidi Keller

Curiosity and Exploration - Theories and Results

Dieses Buch von Hans-Georg Voss und Heidi Keller bietet eine umfassende Zusammenfassung der Forschung zum Thema Neugier. Es untersucht die historische Entwicklung der Neugierforschung und präsentiert verschiedene theoretische Ansätze, um das Phänomen der Neugier und des explorativen Verhaltens zu erklären. Die Autoren betrachten Neugier aus einer entwicklungspsychologischen Perspektive und analysieren, wie sich Neugier und Erkundungsverhalten im Laufe des Lebens entwickeln.

Ein zentrales Thema des Buches ist die Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten von Neugier, wie epistemische Neugier (Wissensdurst) und diversive Neugier (Suche nach neuen Reizen). Zudem diskutieren Voss und Keller die psychologischen und biologischen Mechanismen, die der Neugier zugrunde liegen, sowie die Rolle von Neugier in Lernprozessen und bei der Anpassung an neue Umgebungen.

Voss, H.-G., & Keller, H. (1976). Curiosity and Exploration – Theories and Results. Academic Press.

Why curiosity is the key to science and medicine | Kevin B. Jones
Quelle: TED
Youtube: 17:13

Ergänzende Quellen

Berlyne, D. E. (1974). Konflikt, Erregung, Neugier. Klett-Cotta.

Hsee, C. K., & Ruan, B. (2016). The Pandora Effect: The Power and Peril of Curiosity. Psychological Science – Sage, 27(5).

Kidd, C., & Hayden, B. Y. (2015). The Psychology and Neuroscience of Curiosity. Neuron – Elsevier, 88.

Voss, H.-G., & Keller, H. (1976). Curiosity and Exploration – Theories and Results. Academic Press.

Fink, E. (1957). Oase des Glücks. Verlag Karl Alber.

Bergson, H. (1912). Schöpferische Entwicklung. Eugen Diederichs.

Sartre, J.-P. (1943). Das Sein und das Nichts. Rowohlt.

Nietzsche, F. (1885). Jenseits von Gut und Böse. Hoffenberg Digital.

Schopenhauer, A. (1859). Die Welt als Wille und Vorstellung. Hofenberg Digital.

Kierkegaard, S. (1844). Der Begriff Angst. Europäische Verlagsanstalt.

Schelling, F. W. (1800). System des transzendentalen Idealismus. Musaicum.

Hobbes, T. (1651). Leviathan. Studium Publishing.

Positionen zur Neugier

Hobbes
Neugier spielt eine wichtige Rolle im Naturzustand, indem sie den Menschen dazu bringt, seine Umwelt zu erkunden und zu verstehen, um seine Selbsterhaltung zu sichern.

Spinoza
Durch die Befriedigung der Neugier und die damit verbundene Erweiterung des Wissens und der Fähigkeiten handelt der Mensch im Einklang mit seinem grundlegenden Streben nach Selbsterhaltung und Selbstentfaltung (Conatus).

Schiller
Der Stofftrieb als Ausdruck sinnlicher Neugier und der Formtrieb als Ausdruck intellektueller Neugier sind Aspekte des menschlichen Spieltriebs.

Schelling
Die Wechselwirkung zwischen endlichem und unendlichem Streben erzeugt eine dynamische Spannung, die die Neugier ständig antreibt und erweitert.

Kierkegaard
Neugier ist eng mit der existenziellen Angst verbunden, da diese den Menschen dazu bringt, seine Existenz, seine Möglichkeiten und die damit verbundene Verantwortung zu erkunden.

Schopenhauer
Der unstillbare Drang, Neues zu erfahren und zu entdecken, spiegelt den grundsätzlichen Charakter des Willens wider, der ständig nach neuen Objekten des Begehrens sucht.

Nietzsche
Der Mensch wird durch den Willen zur Macht angetrieben, ein grundlegender Drang nach Selbstverwirklichung, Überwindung von Hindernissen und Schaffung von Werten.

Henri Bergson
Der Élan Vital ist eine grundlegende, schöpferische Kraft, die das Leben antreibt und die Evolution vorantreibt. Diese Lebensenergie ist dynamisch, kreativ und intuitiv erfahrbar.

Eugen Fink:
Das Wesen der menschlichen Freiheit ist eine schöpferische, spielerische und transzendente Kraft, die den Menschen befähigt, seine Welt aktiv zu gestalten und sich selbst zu verwirklichen.

Sartre:
Die Idee der „Nichtsheit“ oder des „Nichts“ spielt eine zentrale Rolle. Das Bewusstsein des Nichts motiviert den Menschen, sich ständig zu hinterfragen und die Welt zu erkunden, was eine Form der existenziellen Neugier darstellt.