Gute Erklärungen
David Deutsch
The Beginning of Infinity
David Deutsch unterscheidet in „The Beginning of Infinity“ zwischen guten und schlechten Erklärungen anhand ihrer Fähigkeit, die Realität tiefgehend zu beschreiben und standzuhalten, wenn sie kritisch geprüft werden. Eine gute Erklärung ist spezifisch, präzise und schwer zu variieren, ohne ihre Erklärungskraft zu verlieren. Sie ist nicht nur mit Beobachtungen konsistent, sondern bietet auch tiefergehende Einsichten und Vorhersagen.
Schlechte Erklärungen hingegen sind vage, ad hoc oder lassen sich leicht abwandeln, ohne dass dies überprüfbare Konsequenzen hat. Ein typisches Beispiel für eine schlechte Erklärung ist der Szientismus oder Mythen, die sich nicht durch kritische Prüfung verbessern lassen. Deutsch argumentiert, dass wissenschaftlicher Fortschritt vor allem durch das Ersetzen schlechter Erklärungen durch bessere geschieht.
Zudem betont er, dass gute Erklärungen nicht nur empirisch korrekt sein müssen, sondern auch den tieferen Mechanismus eines Phänomens enthüllen. Dies unterscheidet sie von bloßen Datenanpassungen, die keine kausale Struktur liefern. Die Evolution der Wissenschaft beruht auf diesem Prinzip: Durch Kritik und Verbesserung entstehen immer bessere Theorien, die unser Verständnis erweitern.
Letztlich sieht Deutsch gute Erklärungen als Kernstück des unbegrenzten Wissenswachstums. Da Wissen potenziell unendlich ist, gibt es immer Raum für bessere Erklärungen, die bestehende ersetzen können.
Simon Blackburn
Truth
Der britische Philosoph Simon Blackburn diskutiert in diesem Buch den Begriff der Wahrheit aus verschiedenen philosophischen Perspektiven. Er beginnt mit der traditionellen Korrespondenztheorie, die Wahrheit als Übereinstimmung von Aussagen mit der Realität definiert. Blackburn erachtet diese Sichtweise jedoch als unzureichend und wendet sich anderen Ansätzen zu. Er erörtert die Kohärenztheorie, die Wahrheit als logische Konsistenz innerhalb eines Systems von Überzeugungen betrachtet, sowie den Pragmatismus, der den Wahrheitsgehalt von Aussagen anhand ihrer praktischen Auswirkungen misst. Besonders beeinflusst ist Blackburn von Charles Peirce, einem Vertreter des Pragmatismus, der betonte, dass Wahrheit das Ergebnis eines fortlaufenden Untersuchungsprozesses ist, der zu stabilen Überzeugungen führt.
Kurt Gödel
Über formal unentscheidbare Sätze
Kurt Gödels Unvollständigkeitssätze zeigen die Grenzen formaler mathematischer Systeme auf. Der erste Unvollständigkeitssatz besagt, dass in jedem hinreichend mächtigen, widerspruchsfreien formalen System Aussagen existieren, die weder bewiesen noch widerlegt werden können. Es gibt also wahre mathematische Sätze, die innerhalb des Systems nicht beweisbar sind.
Der zweite Unvollständigkeitssatz geht noch weiter: Ein solches System kann seine eigene Widerspruchsfreiheit nicht beweisen. Falls das System widerspruchsfrei ist, kann es diesen Umstand nicht aus sich selbst heraus formell nachweisen.
Gödels Beweis nutzt eine raffinierte Selbstreferenz: Er konstruiert eine Aussage, die sinngemäß behauptet: „Dieser Satz ist nicht beweisbar.“ Falls er beweisbar wäre, würde das einen Widerspruch erzeugen. Falls er nicht beweisbar ist, ist er dennoch wahr – ein Beispiel für eine wahre, aber unbeweisbare Aussage.
Karl Popper
Logik der Forschung
Karl Popper definiert in „Logik der Forschung“ die Falsifizierbarkeit als ein zentrales Kriterium für wissenschaftliche Theorien. Er kritisiert den logischen Empirismus, der Wissenschaft über Induktion definiert, und argumentiert stattdessen, dass eine Theorie nicht durch eine Vielzahl bestätigender Beobachtungen verifiziert werden kann. Stattdessen muss sie prinzipiell widerlegbar sein, also Aussagen enthalten, die durch empirische Beobachtungen als falsch erwiesen werden könnten.
Wissenschaftliche Hypothesen zeichnen sich demnach dadurch aus, dass sie überprüfbar sind und im Falle einer Widerlegung verworfen oder angepasst werden müssen. Eine Theorie, die so vage oder flexibel ist, dass sie jede Beobachtung erklären kann, ist nach Popper nicht wissenschaftlich.
Er nennt als Beispiel die klassische Newtonsche Mechanik, die falsifizierbare Vorhersagen macht, im Gegensatz zu Psychoanalyse oder Marxismus, die er als unfalsifizierbar kritisiert, da sie jede mögliche Beobachtung in ihr Theoriegebäude integrieren können.
Popper schlägt das Falsifikationsprinzip als Abgrenzungskriterium zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft vor: Wissenschaft schreitet nicht durch Bestätigung, sondern durch das systematische Testen und Verwerfen falscher Theorien voran.
David Deutsch: Good and bad Explanations
Quelle: TED
Youtube: 17:14
Ergänzende Quellen
Bailer-Jones, D. M. (2009). Scientific Models in Philosophy of Science. University of Pittsburg Press.
Bergson, H. (1946). Denken und schöpferisches Werden. Europäische Verlagsanstalt.
Blackburn, S. (2005). Truth. Penguin Random House UK.
Boghossian, P. (2006). Angst vor der Wahrheit. Suhrkamp.
Brendel, E. (2013). Wissen. De Gruyter.
Brendel, E. (2018). Logik-Skript 1 und 2. Klostermann.
Deutsch, D. (1997). The Fabric of Reality. Penguin Random House UK.
Deutsch, D. (2011). The Beginning of Infinity. Penguin.
Dewey, J. (1929a). Die Suche nach Gewißheit. Suhrkamp.
Dewey, J. (1929b). Erfahrung und Natur. Suhrkamp.
Foucault, M. (1966). The Order of Things. Random House.
Gödel, K. (1931). Über formal unentscheidbare Sätze der “Principia Mathematica” und verwandter Systeme I. Monatshefte Für Mathematik, 38, 173–198.
Hawthorne, J. (2004). Knowledge and Lotteries. Oxford University Press.
Husserl, E. (1901). Logische Untersuchungen. Meiner.
Poincaré, H. (1902). Wissenschaft und Hypothese. Books on Demand.
Popper, K. R. (1934). Logik der Forschung. J.C.B. Mohr.
Shaw, J. (2016). The Memory Illusion. Penguin – Random House.
Spoerhase, C., Werle, D., & Wild, M. (2009). Unsicheres Wissen – Skeptizismus und Wahrscheinlichkeit 1550-1850. De Gruyter.
Watzlawick, P. (1981). Die erfundene Wirklichkeit. Piper.