Seite wählen

Das Böse

Julia Shaw

Making Evil - The science behind humanity´s dark side

Julia Shaw untersucht in diesem Buch das Konzept des Bösen durch die Linse der Psychologie, Neurowissenschaft und Sozialwissenschaft. Sie argumentiert, dass „böse“ Handlungen nicht nur durch psychopathische Persönlichkeitsstörungen oder ein inhärentes moralisches Defizit erklärt werden können, sondern oft auf tiefere, komplexe menschliche Mechanismen zurückzuführen sind. Shaw zeigt, dass soziale, biologische und kulturelle Faktoren oft zu Taten beitragen, die als „böse“ gelten. Sie erklärt, wie wir durch kognitive Verzerrungen und das Bedürfnis nach Zugehörigkeit Verhaltensweisen rationalisieren, die anderen schaden. Das Buch regt dazu an, über die Definition und Wurzeln des Bösen nachzudenken und es als ein vielschichtiges Phänomen zu verstehen, das tief in die menschliche Psychologie und das soziale Gefüge eingebettet ist.

Shaw, J. (2019). Making Evil – The Science Behind Humanity´s Dark Side. Canongate.

Hannah Arendt

Hannah Arendts „Eichmann in Jerusalem – Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ ist eine Untersuchung des Prozesses gegen Adolf Eichmann, einen der Hauptorganisatoren des Holocausts. Arendt beschreibt Eichmann nicht als fanatischen Antisemiten oder Monster, sondern als durchschnittlichen Bürokraten, der blind Befehle befolgte und moralische Überlegungen zugunsten von Gehorsam und Pflichtbewusstsein unterdrückte. Sie prägte den Begriff „Banalität des Bösen“, um die erschreckende Normalität zu betonen, mit der gewöhnliche Menschen zu großen Verbrechen beitragen können, wenn sie ihre individuelle Verantwortung aufgeben. Das Buch erregte Kontroversen, weil es nicht nur Eichmanns Taten analysierte, sondern auch die Rolle der jüdischen Führer während des Holocausts kritisch hinterfragte und die moralischen und rechtlichen Implikationen solcher Prozesse beleuchtete. Arendt plädierte für eine tiefere Reflexion über die Natur des Bösen und die Bedingungen, die es ermöglichen.

Arendt, H. (1964). Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen. Piper Verlag GmbH.

Steven Pinker

In diesem Buch argumentiert Steven Pinker, dass die Gewalt in der Menschheitsgeschichte, im Gegensatz zur allgemeinen Wahrnehmung, abgenommen hat. Er stützt seine These auf umfangreiche historische, psychologische und statistische Daten und zeigt auf, dass verschiedene Formen der Gewalt – von Kriegen über Mord bis hin zu häuslicher Gewalt – im Laufe der Jahrhunderte zurückgegangen sind. Pinker nennt mehrere Gründe für diesen Rückgang, darunter die Entwicklung von Staatlichkeit und Rechtssystemen, das zunehmende Handelsvolumen, die steigende Bedeutung von Empathie und Vernunft sowie die Rolle von sozialen Bewegungen und internationalen Organisationen. Er widerlegt gängige Mythen über die menschliche Natur und die angebliche Allgegenwärtigkeit von Gewalt und präsentiert ein optimistisches Bild der moralischen Entwicklung der Menschheit.

Pinker, S. (2011). Gewalt – Eine neue Geschichte der Menschheit. Fischer.

Thomas Hobbes

In seinem Buch „Leviathan“ beschreibt Thomas Hobbes das Böse als Ergebnis menschlicher Natur und Selbstinteresse. Da Menschen von Natur aus egoistisch und nach Selbsterhaltung strebend sind, können ihre Handlungen ohne soziale Ordnung oder moralische Regeln zu Konflikten und Gewalt führen. Hobbes betrachtet den natürlichen Zustand der Menschheit als „Krieg aller gegen alle“ (bellum omnium contra omnes), wo das Überleben und die eigenen Interessen Vorrang haben. Ohne zentrale Autorität und Regeln gibt es keine allgemeingültige Moral, und das, was als böse angesehen wird, sind oft Handlungen, die gegen die Sicherheit und das Wohl der Gemeinschaft verstoßen. Der Staat (Leviathan) soll durch Macht und Gesetze die Menschen kontrollieren und sie zur Einhaltung von Normen und zur Unterdrückung von bösen Taten bewegen.

Hobbes, T. (1651). Leviathan. Studium Publishing.

Friedrich Nietzsche

„Jenseits von Gut und Böse“ ist eine scharfsinnige Kritik an den traditionellen Moral- und Philosophiesystemen, insbesondere der christlichen Moral und der kantischen Ethik. Nietzsche argumentiert, dass diese Systeme auf Vorurteilen und irrigen Annahmen über die menschliche Natur basieren. Er fordert eine „Umwertung aller Werte“ und plädiert für eine Philosophie, die über die konventionellen Dichotomien von Gut und Böse hinausgeht.

Das Werk stellt die Idee des Willens zur Macht vor, die besagt, dass das grundlegende menschliche Streben nach Macht und Einfluss das zentrale Motiv des Lebens ist. Nietzsche propagiert die Notwendigkeit von neuen, stärkeren Individuen – den sogenannten „freien Geistern“ – die unabhängig von den bestehenden moralischen Normen denken und handeln. „Jenseits von Gut und Böse“ ist ein radikaler Aufruf zur intellektuellen und moralischen Erneuerung, der die Leser herausfordert, ihre bisherigen Überzeugungen zu hinterfragen und zu überwinden.

Nietzsche, F. (1885). Jenseits von Gut und Böse. Hoffenberg Digital. Publishing.

Iris Murdoch

In „Die Souveränität des Guten“ reflektiert Iris Murdoch das Böse als eine Form von egozentrischer Verblendung und mangelnder moralischer Klarheit. Sie beschreibt das Böse weniger als eine äußere oder metaphysische Macht, sondern vielmehr als das Ergebnis von Selbstsucht und mangelnder Hingabe an das Gute und Wahre.

Murdoch argumentiert, dass das Böse oft aus der Tendenz resultiert, sich auf die eigenen Wünsche, Ängste und Bedürfnisse zu konzentrieren, anstatt sich ehrlich und unvoreingenommen mit der Realität und den Menschen um uns herum auseinanderzusetzen. Diese Selbstzentriertheit und die Weigerung, die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen, verhindert, dass das Individuum das Gute erkennt und anstrebt. In dieser Hinsicht sieht Murdoch das Böse als die Negation einer tiefen moralischen Aufmerksamkeit, einer Art „nicht sehen wollen“ oder der Verweigerung der Bereitschaft, die Welt in ihrer komplexen Realität zu betrachten.

Für Murdoch besteht die Aufgabe des Menschen darin, eine moralische Vision zu entwickeln, die auf einem klaren und ungeschönten Blick auf die Welt basiert.

Murdoch, I. (1970). Die Souveränität des Guten. Suhrkamp.

Hannah Arendt über die Banalität des Bösen Gespräch mit Joachim Fest | Hörbuch
Quelle: SWR
Youtube: 47:31

Julia Shaw: Time To Rethink Evil
Quelle: TEDx Talks
Youtube: 16:41

Iris Murdoch
Quelle: Open Road Media
Youtube: 2:16